Fritzi ist ein Frauenname, den ich kaum mehr höre seitdem meine Großeltern nicht mehr leben. Es scheint wie ein Spitzname aus einer ganz anderen Zeit, einer vergangenen Epoche… Täglich laufe ich am Weg zur Arbeit an der Gedenktafel für Fritzi Massary vorbei, aber wer war sie? Nachdem es mir immer wieder passiert, dass ich Gedenktafeln antreffe, die ich nicht genau zuordnen kann, habe ich mir ein Herz gefasst, um diese Wissenslücke zu füllen. Vorhang auf für Fritzi Massary!
Richtig getippt: Wienerin! Friederika Massaryk, auch Friederike Massary, wurde am 21. März 1882 in Wien geboren, war die Älteste von vier Kindern, lebte im 2. Bezirk in der wunderschönen Praterstrasse und erhielt schon früh Gesangsunterricht. Gesang… Irgendwie erinnert mich das an etwas, aber nur was? Massary-Operette von Oscar Strauss! Genau, das war’s. Wie konnte es nur sein, dass ich nicht mehr über sie wusste?
Kleiner Streifzug durch ihr spannendes und bewegtes Leben:
Heute würde man sie wohl Shootingstar nennen, denn sie war eine schillernde Sopranistin und sang ab zarten 17 Jahren vornehmlich im deutschsprachigen Raum: Landestheater Linz, Carl-Schultze-Theater in Hamburg, in Berlin, Metropol Theater Wien, mehrere Bühnenwechsel bis hin zu den Salzburger Festspielen. 1912 war ihr großer Durchbruch und von da an wurde nur mehr von „der Massary“ gesprochen. Sie war ein Glanzlicht der Operettenszene, hatte aber auch Auftritte bei den Salzburger Festspielen wie vorhin erwähnt (als gebürtige Salzburgerin kann man das nicht oft genug einstreuen wie ich finde). Sie war eine Größe, ein Star und damit auch eine Modeikone ihrer Zeit, denn viele Damen nahmen sie sich zum Vorbild.
Neben ihrem gesanglichen Talent verstand sie es stets gut, sich auch wirtschaftlich wacker zu schlagen und handelte am Zenit ihrer Karriere horrende Gagen aus, die ihr bis zu einem Viertel der Abendhonorare einbrachten. Sie glänzte somit nicht nur auf der Bühne! Eine wahrlich starke Frau.
Privat ist ihr Leben nicht minder facettenreich. 1903 wurde ihr einziges Kind Elisabeth Maria Karl Liesl geboren, deren Vater Karl-Kuno Rollo Graf von Coudenhove war. Allerdings wird erwähnt, dass die Massary lange in Berlin mit ihrem Partner und Landsmann Joseph Giampietro auftrat. Was immer das jetzt heißen will. 😉 1916 oder 1918, so genau scheint das niemand zu wissen, folgte sie ihrem Herzen und heiratete Ihre große Liebe den Schauspielkollegen Max Pallenberg, für den sie sogar vom Judentum zum Protestantismus konvertierte. Ein ruhiges Leben sieht anders aus…
Alles klingt nach einem Leben in Saus und Braus auf der Sonnenseite, aber Fritzi Massary musste ab 1932 viele Schicksalsschläge einstecken. Die Flucht vor den Nazis bedeutete gleichermaßen das Ende ihrer Karriere. Als ob das nicht genug wäre, verstirbt ihre große Liebe Max nur ein paar Jahre später bei einem Flugzeugabsturz. Ein düsterer Schatten legt sich über ihr Leben. Über die Schweiz und Frankreich emigrierte sie 1939 zu ihrer Tochter in die USA und ließ sich in Beverly Hills nieder, wo sie in bester Gesellschaft war mit Franz Werfel, Thomas Mann, Ernst Lubitsch und Lion Feuchtwanger als Nachbarn. Sie lebte hier bis an Ihr Lebensende. Ein Comeback war ihr nicht vergönnt, obwohl ihr Hollywood sicherlich gut gestanden hätte.
Es ist immer wieder aufs Neue erstaunlich, welche packenden Geschichten sich hinter einer kleinen Steintafel verbergen können. Schön, wenn diese nicht in Vergessenheit geraten.
Liebe Grüße,
Anna
Danke für diesen außerordentlich gut recherchierten Beitrag. Es gilt, immer wieder die Erinnerung an große Menschen herauszuholen und weiter zu tragen. Mir war der Name nicht unbekannt,Dass ich jetzt mehr über diese große Frau, die sie zweifellos war,, erfahren habe, ist Euer Verdienst Gut gemacht, Mädels!
Gruß aus Berlin von Tilly BZ
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