Cape Town, Marrakesch oder Island scheinen sehr angesagt zu sein unter der Blogger-Community. Uns verschlägt es aber nach Belgrad und wer danach schon einmal gegoogelt hat weiß, dass die Auswahl an coolen Städteguides nicht so umfangreich ist wie bei den oben genannten Kandidaten. Wir begeben uns daher auf eine Spurensuche in die weiße Stadt: 48 Stunden. Der Countdown läuft…
Wir hüpfen in den Flieger und nach nur 1:15 Stunden – exakt, das ist die Roomie-Distanz quasi – landen wir sanft in Serbien, in Belgrad. So nah ist uns der „Osten“. 😉 Vom Flughafen aus düst man am „Zepter“ Gebäude, das eigentlich Genex-Turm heißt, vorbei und ist in nicht einmal einer halben Stunde in der Altstadt, was die Anreise extrem angenehm macht und einem viel Zeit für Erkundungen lässt. Zepter begleitet einen durch gesamt Belgrad: ob als Kochtöpfegeschäft, Bürogebäude, Galerie oder Hotel. Das Zepter hat eben die Zepter-Familie voll und ganz in ihrer Hand – mit ihren Ursprüngen in Linz. Hihi! Ehe wir aber vom Hotel aufbrechen, stecken wir uns noch schnell ein paar Serbische Dinar ein…
Die Erwartungshaltung
Wir waren Teenager als hier der Krieg anfing zu toben und junge Erwachsene als wieder Frieden einkehrte. Diese schrecklichen Bilder von damals schwirren noch im Kopf und sind uns oft näher als das aktuelle Bild, weil man eigentlich keines davon hat wie es im Hier und Jetzt aussieht. Die Spuren von damals sind noch immer da, an denen wir anknüpfen können: zerlepperte Häuser, gespachtelte Einschusslöcher, kleinere Ruinen, unschöne Ansichten, die sich immer wieder ins Stadtbild einsprenkeln und sich nicht auf gewisse Bezirke beschränken. Was aber schön ist, ist zu sehen, wie viel die Serben aufbauen und wo überall eine Baustelle ist, um Renovierungen durch zu führen und welche Perlen man entdecken kann, wo dies schon geschehen ist. Belgrad ist eine schiere Mischkulanz, die einem zu denken gibt.
Die schönen Seiten
Die Lage unserer Hotels ist so genial, dass wir fußläufig in ein paar Minuten am Kamelegdan landen, der Belgrader Festung. Eine beeindruckende Anlage trotz des mäßigen Wetters mit einem herrlichen Park drum herum und schönen Aussichtspunkten, von denen man die unterschiedlichsten Stadtwinkel aus betrachten kann. Achtung, das eine oder andere Fleckerl hat Romantik-Potenzial!
Wir stapfen eine ordentliche Runde und entdecken einen herzig kleinen Kiosk wie Anna sie aus Russland kennt. Aus Jux und Dollerei wird natürlich eine Kleinigkeit dort gekauft und man wird in eine fröhlich lustige Plauderei verwickelt.
Nach der ersten, kleinen Tour sind wir etwas hungrig geworden und sehen uns in der Umgebung um nach einem netten Lokal, das wir in der Manufaktura finden. Authentisches serbisches Essen in hippem Ambiente – es könnte uns nicht besser gehen, wobei man anmerken muss, dass das sehr weitläufige Restaurant bis auf unsere beiden Plätze komplett ausreserviert ist. Der serbische Salat hat es an Schärfe in sich, das Mussaka ist köstlich, die gratinierten Auberginen einfach nur herrlich und das Lamm schön zart und g’schmackig. Prädikat: empfehlenswert!
Auf dem Rückweg entdecken wir, dass gleich gegenüber von unserem Hotel das Ethnografische Museum liegt. Für alle, die sich für Ethnien und Geschichte interessieren eine kleine Einladung, zumal die Püppchen in wunderschöner Tracht aus den Schaufenstern lachen und einen anlocken. Wir sind wohl etwas zu spät dran an unserem Ankunftstag, dafür ist das Gebäude umso schöner beleuchtet.
Am nächsten Tag regnet es stellenweise sehr stark am Vormittag, weshalb wir lieber drinnen nass werden, also im Spa unseres Hotels, als draußen wie die begossenen Pudel herum zu rennen. Für einen Sonntag doch recht verträglich wie wir finden. Unsere Erkundungstour startet deshalb erst zu Mittag als wir zu Sava Kathedrale stapfen.
Wie bereits erwähnt laufen die Renovierungsarbeiten immer und überall auf Hochtouren, so auch in der Kathedrale, was für uns ein bisschen eine Enttäuschung ist, weil wir uns doch schon auf die faszinierende Pracht gefreut hatten. Pustekuchen! Trotzdem wollen wir dieses kleine Juwel allen ans Herz legen.
Am Rückweg merken wir, dass wir ein wenig Gusto auf etwas Süßes haben und nachdem Serben dieses Handwerk gut verstehen, sitzen wir auch schon im Handumdrehen im Hotel Moskva, das nicht nur architektonisch vieles zum Besten gibt und mit entsprechendem, standesgemäßem Prunk auftritt, sondern auch lukullisch. Zwei Fliegen mit einer Klappe bei feudalem Ambiente!
Als sich das Wetter bessert lassen wir es uns natürlich nicht nehmen durch die Belgrader Prachtmeile zu spazieren, die zum Shoppen und Verweilen einlädt. Die Kneza Mihaila verzückt durch alte, klassizistische Gebäude und entwickelt ihren ganz eigenen Charme aufgrund der Nachkriegsbauten, die sich immer wieder darunter mengen. Wir genießen das Flanieren sowie die wärmenden Sonnenstrahlen in vollen Zügen.
Shoppen kann man prima in Belgrad, wenn man will und es ist für jedes Geldbörserl etwas dabei, auch für jene, die auf totalen Luxus stehen. Lustig finden wir vor allem ein paar Concept Stores, die man vielleicht weniger erwarten würde als Pinko, Zara und andere Highstreet Retailer. Supermarket ist entzückend, ebenso wie die Kafeterija, die cooles Ambiente mit nischigen Shops verknüpft. Dieser Shop ist so cool, dass man die Männer beim Barber einsperren kann während man seinem Kaffeeklatsch mit den Mädels frech fröhnt. 😉
Zwischendurch entdecken wir immer wieder einmal baufälligere Ecken abseits der Touristenmeile, die mit Graffiti aufgepeppt werden.
Gegen Abend huschen wir noch schnell in das Zepter Museum, das sich der serbischen Kunst verschrieben hat. Die Bilder und Skulpturen sind bunt durchmischt, sodass sich jeder sein eigenes Bild (ha, ha) machen kann. Einiges gefällt, einiges nicht. Hier scheiden sich die Geister, jedoch nicht beim Gebäude an sich, das sehr beeindruckend ist mit all seinem Mamor und dem wuchtigen Entree.
Die Kunst verwirrt uns ein wenig den Geist, den wir daher in der Muha Bar – ausgesprochen Mucha wie der Künstler, denn so ganz können wir das artsy Sein nicht lassen – wieder beruhigen wollen. Wir purzeln also in diese kleine Bar, die im ersten Moment nicht einkategorisiert werden will und werden von einem live Jazzkonzert in den Bann gezogen während wir an süffigen Cocktails nippen und wippen…
Müde plumpsen wir ins Bett, um am nächsten Halbtag noch einmal die Atmosphäre von Belgrad in vollen Zügen einsaugen zu können. Wir laufen vorbei am Stori Dvor, dem alten Palast, sehen Blumen sprießen in den Rabatten und gehen noch hinüber zur Nationalversammlung, die sich beeindruckend entlang streckt.
In unsere Spazierrunde bauen wir auch unser deliziöses Mittagessen ein, weil die Sonne so frech lacht und wir einen Happen im Freien wagen. Nicht vom Namen abschrecken lassen, denn das Smokvica ist ein absolut angesagter Tipp! Geheim? Das glauben wir nicht, aber vor allem bei den Einheimischen beliebt und rappelvoll.
Besonders toll fanden wir im Übrigen die Bedienung: Wir hatten selten so ein nettes Service! Top Empfehlungen zur Karte, super schnell, herzlich und freundlich. Das gilt generell für Belgrad. Hier könnten sich unsere grantelnden Wiener Kellner doch glatt eine Scheibe abschneiden.
Den krönenden Abschluss bildet die Promenade am Fluss und zwar an der Sava bevor sie noch in die Donau mündet. Ähnlich wie der Donaukanal in Wien vor einigen Jahren blüht diese Gegend regelrecht auf und wartet mit einem Showdown an hippen und obercoolen Lokalitäten auf. Man weiß gar nicht, wo zuerst hin… Wir sind passend zum Moment für ein Kaffeetschi nicht nur am, sondern auch im Sofa gelandet.
Unser Hotel im Herzen der Stadt
Wir waren übrigens im Square Nine, das uns extrem gut gefallen hat. Top Interior, tolles Spa, spitzen Frühstück, exzellente Zimmer und das beste Service, das man sich wünschen kann. Nicht ganz billig, aber mindestens das wert. 🙂
Summa Summarum
Würden wir Belgrad einfach so besuchen? Wir wissen es nicht. Es hatte sich einfach ergeben in unserem Fall. Was wir aber wissen ist, dass wir es unter keinen Umständen bereuen. Es war schön, diese Stadt ganz authentisch kennen lernen zu dürfen. Unsere unretuschierten, ungefakten Bilder sind der Beweis, dass es sich gelohnt hat. 🙂
Bis zum nächsten Trip! Und falls wer zusätzliche Tipps haben will, bitte einfach melden. Denn die Serben sind mindestens so große Eistiger wie die Wiener und die besten Läden haben wir auch schon entdeckt…
Anna und ihre Reisebegleitung, denn selbst die besten Roomies müssen sich mal gegenseitig etwas erzählen können.