Liebe Anna,
ach, was habe ich wieder geträumt letzte Nacht…von fernen Ländern, gutaussehenden Prinzen und champagnersprudelnden Quellen….mmhhh….herrlich…so schön wars…:-) Aber moment…hach nein, stimmt ja gar nicht! Das hätte ich wahrscheinlich gerne nachts geträumt, aber das war wohl eher eine meiner zahlreichen Tagträumereien bei grauem Regenwetter im Büro…
Ich bin eine Meisterin der Tagträumerei….stundenlang kann ich irgendwo sitzen und einfach mal bisschen in die Luft starren und meine Gedanken schweifen lassen…vom Hundertsten ins Tausendste schwirren und mir dabei meine ganz eigenen Welten ausdenken. Avatar kann sich gleich hinten anstellen, digitale second lifes brauche ich dazu nicht…das programmiert mein Hirn alles von selbst. Fantasie ist wohl ein gutes Synonym für diese Vorgänge. Und manchmal handelt es sich dabei einfach auch nur um einen wertvollen, original eingebauten Fluchtmechanismus. Flucht vor dem Alltag, vor dem, was ich eigentlich gerade tun sollte und gleichzeitig auch ein Stressregulator fast meditativer Art. Ich komm in einer Situation nicht weiter? Kein Problem, swoosh und zoom out für ein paar Minuten in die sommerliche Bergwelt auf eine saftige Blumenwiese, daneben liegt ein stiller Bergsee und in den Lüften kreisen ein paar Vögel, in der Ferne höre ich die Murmeltiere pfeiffen…mmhh, wunderbar…einmal tief die warme, würzige Luft einatmen und die Augen schliessen und….swoosh zoom in: ich hab die Lösung für mein Alltagsproblem gefunden. Meditativen Kurzurlaub könnte man sowas wohl nennen, ein Powerdream für die Erfrischung des Gedankenflusses.
Nachts hingegen träume ich viel realistischere Geschichten, Begebenheiten direkt aus dem Leben gegriffen und je nach Griff, mehr oder minder meinen Gemütszustand am nächsten Tag beeinflussend. Nachts findet bei mir Verarbeitung pur statt. Und oft sind die Nächte leider zu kurz um die Fluten an Gedanken, die sich tagsüber angesammelt und unterbewusst eingenistet haben, alle durchzuackern. Situationen im Büro, mit der Familie, Freunden spinnen hier einfach munter weiter und potenzieren sich manchmal in gute und manchmal in schlechte Richtungen, so dass ich oft morgens aufwache und ein paar Stunden brauche, bis ich wieder in der Wirklichkeit angelangt bin und auseinander dividiert habe, was real und was nächtlicher Traum war. Auch das im Guten wie im Schlechten. Faszinierend was unser Hirn alles tut, um uns in dieser Welt in Balance zu halten, nicht?
Du fragst Dich sicherlich, wie ich überhaupt gerade auf all diese Gedanken komme? Weil ich heute abend zu Dir nach Wien fliege, da Du zur Pyjamaparty eingeladen hast…eine Party zwischen Tag und Nacht, Traum und Realität…und da ich mir überlegen musste, welchen Pyjama ich zu der Party denn einpacken sollte, da man eben nie weiss, wen man an solchen Traumparties treffen könnte, ging bei mir die Gedankenmaschine natürlich gleich wieder los…
Alors ma chère, à bientôt in Wien…ich glaub mir träumts…;-)
Deine Julie